Unfeministisch? Nein!

Muss man als Feministin Stephanie Eymann im Regierungswahlkampf unterstützen? Nein, sagen SP-Frauen*-Vertreter*innen Jessica Brandenburger und Julia Baumgartner.

julia_jessica
Es ist nicht anti-feministisch, Kaspar Sutter und Beat Jans zu wählen, finden Jessica Brandenburger (links) und Julia Baumgartner.

Seitdem sich das linke Lager nach dem Rückzug von der Grünen Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann nach dem ersten Wahlgang mit Heidi Mück (BastA!) neu aufgestellt hat, hagelt es Kritik von allen Seiten. Und vor allem auch Kritik an die Adresse von uns SP Frauen*. Die SP – und damit wir – hätte es verpasst, Frauen aufzustellen. Grüne Männer hätten bei der Nomination der Grünen für den zweiten Wahlgang keine Chance gehabt, weil ihnen die SP-Männer in der Sonne standen. Und nur deshalb sei nun Heidi Mück, die ja sowieso zu links und zu alles sei, nominiert worden.

Zur Erinnerung: Wir SP Frauen* kämpften an der Nominationsveranstaltung der SP im Frühling wie wild für zwei SP Frauen auf dem rot-grünen Ticket. Wir unterlagen in der Delegiertenversammlung. Nun, etwas mehr als ein halbes Jahr später, ist die Ausgangslage aber eine andere. 

«Es ist nicht die Aufgabe von linken Frauen, bürgerliche Frauen zu wählen.»
Jessica Brandenburger & Julia Baumgartner

Von bürgerlicher Seite kommt der Vorwurf, wir würden ihre Kandidatin (eine Frau) nicht wählen, sondern nur unsere Kandidierenden (einen Mann und eine Frau) unterstützen. Das sei unfeministisch und unsolidarisch. Als Feministinnen müssten wir laut bürgerlicher Logik Stephanie Eymann (LDP) wählen. Denn sie ist ja eine Frau.

Leider verstehen die Bürgerlichen nicht, dass es nicht die Aufgabe von linken Frauen ist, bürgerliche Frauen zu wählen. Die Bürgerlichen haben es nach all den männlich dominierten Jahren endlich einmal geschafft, eine Frau für ihr Ticket aufzustellen. Dass diese auch gewählt wird, ist jedoch ganz alleine ihre Aufgabe.

Bei der ganzen Diskussion vergessen die Bürgerlichen aber vor allem eines: Es geht nicht nur um Repräsentation, sondern eben auch ganz stark um Inhalte. Ja, wir wünschen uns einen Regierungsrat, in dem auch queere Personen, Migrant*innen, Menschen of colour oder Leute ohne Uniabschluss vertreten sind (letzteres könnte mit Heidi Mück sogar geschehen!). Aber heute, im November 2020, haben wir diese Wahl noch nicht.

Smartspider Stephanie Eymann
Die Smartspider von Stephanie Eymann. (Bild: smartvote.ch)

Wofür man sich aber jetzt entscheiden kann, sind feministische Inhalte. Oder eben nicht, wie ein Blick auf die Smartspider von Eymann zeigt: Von ihr dürfen wir keine grossen Sprünge bei der Bekämpfung der Klimakrise oder bei gleichstellungspolitischen Anliegen erwarten.

Wenn man es noch etwas genauer wissen möchte, dann schaut man sich die Ergebnisse des Gleichstellungstests der Abteilung Gleichstellung des Kantons an. Spätestens da werden die Unterschiede zwischen den Kandidierenden offensichtlich. Während sich sowohl Kaspar Sutter, als auch Beat Jans für Kitaplätze, die Anliegen der LGBTIQ*-Community oder die Einführung einer Elternzeit aussprechen, beantwortet Eymann alle Fragen mit Nein. 

Deshalb ist die Wahl für linke Frauen keine Zerreissprobe, wie es die Bürgerlichen oder diverse Medien gerne darstellen, sondern eine klare Sache. Denn ein linker Mann ist uns politisch immer noch näher als eine bürgerliche Frau, die an uns vorbeipolitisiert. 

Jessica Brandenburger ist Präsidentin der SP-Frauen* und Grossrätin.

Julia Baumgartner ist aktives SP Frauen*-Mitglied und ehemalige Generalsekretärin der JUSO Schweiz.

Was geht?
tracking pixel

Das könnte dich auch interessieren

Schweizer Radio und Fernsehen (Studio Zuerich Leutschenbach) spiegelt sich in einer Hausfassade am Sonntag, 11. Oktober 2020, in Zuerich.

Valerie Zaslawski am 21. November 2023

Das wird kein Spaziergang für Rösti

Die SRG müsste 900 Stellen sparen, wenn die Abbaupläne von Medienminister Albert Rösti umgesetzt würden. Unsere Leser*innen sind jedoch klar der Meinung, es brauche mehr, nicht weniger Service Public. Ansonsten sei die Demokratie in Gefahr.

Weiterlesen
Nicht benannt-2

Ina Bullwinkel am 20. November 2023

Wie sieht eine richtige Gesinnung aus?

Wenn einige Sätze in einem offenen Brief bereits als gesetzte Meinung eingestuft werden und auf ihnen basierend die Karriere einer Person infrage gestellt wird, ist das ein Armutszeugnis der demokratischen Debatte. Ein Kurzkommentar von Bajour-Co-Chefredaktorin Ina Bullwinkel zur Kontroverse um Mohamed Almusibli

Weiterlesen
Mohamed Almusibli

Andrea Fopp,Valerie Wendenburg am 17. November 2023

Künstler*innen sorgen sich um Meinungsfreiheit

Nach der Berichterstattung über den designierten Direktor der Kunsthalle haben über 2000 Künstler*innen einen Solidaritätsbrief unterschrieben. Sie sorgen sich um die Meinungsfreiheit. Und Arbeitsrechtler Thomas Geiser stuft die Aussagen von Regierungspräsident Beat Jans als «heikel» ein.

Weiterlesen
Freie Strasse

Eva Biland am 16. November 2023

Wie Basel vor Netto-Null nochmals so richtig über die Stränge schlägt

Für den Basler Stadtlauf werden die Baustellen in der Freien Strasse geräumt und die Gräben mit Asphalt geschlossen. Für einen gut vierstündigen Sportanlass eine Grossbaustelle provisorisch zu schliessen und sich gleichzeitig Klimastadt zu nennen, findet unsere Kolumnistin Eva Biland heuchlerisch.

Weiterlesen

Kommentare