Gehört das zum Wahlkampf?

Überklebt, bemalt, abgerissen: Zurzeit werden in Basel viele Wahlplakate verunstaltet. Was halten Basler*innen davon? Wir haben uns auf der Strasse umgehört.

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Basler*innen sagen uns ihre Meinung. (Bild: Ladina Tschurr (Collage: Bajour))

Seit einiger Zeit hängen und stehen in der Stadt Basel Wahlplakate, viele davon wurden bereits nach kurzer Zeit verunstaltet. Schnäuze, Zahnlücken, Schriftzüge, Überklebungen und abgerissene Ecken sind beinahe überall anzutreffen, wo einem die rausgeputzten Politiker*innen entgegenstrahlen.

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Frage des Tages vom 5. Oktober

Bemalt, beklebt, abgerissen – die Wahlplakate und ihre Verschandelung geben derzeit in Basel zu reden. Während die SVP sich über die Zerstörung empört, verteidigt die bz in einem Kommentar den Umgang mit den Plakaten und plädiert für mehr Niveau bei den Originalen und der «Bearbeitung». Was denkst du?

Zur Diskussion

In unserer Frage des Tages haben wir deswegen gefragt: Gehört die Verunstaltung von Wahlplakaten zum Wahlkampf dazu? Die einen meinen, der aktuelle Umgang mit Wahlplakaten sei kindisch, asozial, feige und einfach sowieso ein grosser Ärger.

Andere hingegen sehen darin politisches Engagement und direkte Strassendemokratie. Oder müssen wir es vielleicht einfach mit Humor nehmen, wie Oliver Thommen von den Grünen vorschlägt? Das meint die Bevölkerung dazu.

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Raoul ist besorgt, dass sich die Fronten noch mehr verhärten. (Foto: Ladina Tschurr)

Raoul, 22

Angetroffen bei der Kaserne

«Sowas sollte nicht sein. Die Verunstaltung von Plakaten geht am Ziel vorbei und schwappt ins Negative über. Ich glaube, das Ziel dieser Verunstaltungen ist, Unzufriedenheit mit den Aussagen und Strategien von abgebildeten Personen und ihren Parteien auszudrücken. Obwohl es irgendwo auch Teil der Meinungsfreiheit ist, verhärten sich so aber die Fronten und der Hass wird grösser. So funktioniert das demokratische Miteinander nicht und eine gesunde Debatte, eine nachhaltige Politik, wird verunmöglicht. Menschen von unterschiedlichen politischen Lagern sind einander nicht mehr zugänglich, gerade die SVP wird sich der Überzeugungskraft von linken Argumenten immer mehr verweigern, weil sie sich in ihren Ängsten und Bedürfnissen nicht mehr wahrgenommen fühlt. Es ist daher wichtig, auch die andere Seite wahrzunehmen und auf rationalerem Weg Kommunikation herzustellen.»

Kathrin, 61

Angetroffen vor dem Claramarkt

«Das ist nicht in Ordnung. Es gibt andere Mittel zum politischen Ausdruck. Die Verunstaltung von Wahlplakaten passiert aus Unmut. Sich das rauszunehmen, ist respektlos. Egal, welche Partei davon betroffen ist.»

Ruedi Wenderlin findet, die Wahlplakate zeigen die Intoleranz der Gesellschaft (Foto: Ladina Tschurr)
Ruedi Wenderlin findet, die verunstalteten Wahlplakate zeigten die Intoleranz der Gesellschaft. (Foto: Ladina Tschurr)

Ruedi Wunderlin, 67

Angetroffen vor dem Claramarkt

«Politiker machen Wahlversprechen und halten sie nicht ein. Dass ihre Wahlplakate verunstaltet werden, ist dennoch nicht richtig. Es zeigt die Intoleranz unserer Gesellschaft. Demokratie sollte ein Austausch auf geistiger Ebene sein, die Zerstörung gehört da nicht dazu.»

Balaj, 39

Angetroffen vor dem Claramarkt

«Es stört mich aus politischer Sicht eigentlich nicht. Es ist einfach nicht schön. Es ist dreckig und verunstaltet Basels Schönheit. Mir ist aber vor allem die Sicherheit wichtig und in der Schweiz habe ich noch nie etwas Schlimmes erlebt. Diese Plakate haben keinen Einfluss auf die Sicherheit in Basel, und deswegen stören sie mich nicht.»

Peter Deminski
Peter Deminski meint, den Leuten sei einfach langweilig. (Foto: Ladina Tschurr)

Peter Deminski, 46

Angetroffen vor dem Claramarkt

«Das ist doch einfach die Langeweile von irgendwelchen Kiddies. Es hat nichts mit den Wahlleuten zu tun, sondern ist reine Willkür. Da ist wenig politische Motivation dahinter.»

 

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Theresa Zaeringer hat nichts auszusetzen. (Foto: Ladina Tschurr)

Theresa Zaeringer, 93

Angetroffen am Claraplatz

«So wie’s läuft, ist alles gut.»

Ömer

Angetroffen am Claraplatz

«Soweit sich das im legalen Rahmen bewegt, habe ich nichts dagegen. Das ist normal in der Demokratie. Aber wenn Jugendliche aus Spass oder Frustration die Plakate bemalen oder abreissen, dann finde ich das schon nicht in Ordnung.»

Herzen
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Bei Bajour als: Praktikantin

Davor: Uni und für viele Leute Kaffee machen

Kann: Nebensätze aneinander hängen

Kann nicht: Multitasken

Liebt an Basel: Dass jede Ecke irgendwie anders ist

Vermisst in Basel: Eine Auswahl an klassischer Holzofenpizza

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