Es krabbelt. Und es ist scheusslich.

Hast du auch schon von der Nosferatu-Spinne gehört? Seit in unserer Gärngschee-Gruppe darüber diskutiert wurde, kann ich nicht mehr ruhig schlafen. Ein Erlebnisbericht eines Spinnenphobikers.

Spinnen Collage
So freundlich sehen die Spinnen nicht aus. (Bild: Pixabay, Collage: Ernst Field)

«HILFE! Ein Monster», schoss es mir durch den Kopf, als ich letzte Woche den Post in der Gärngschee-Gruppe sah. Plötzlich war da ein Bild einer riesigen Spinne mit acht langen Beinen und einem monströsen schwarzen Körper mit grauem Muster auf meinem Bildschirm.

Ein Mitglied unserer Facebook-Gruppe hatte eine Spinne bei sich gefunden, die so aussah, als wäre sie gleich gross wie meine Hand. Das Bild war so nah aufgenommen, dass ich dachte, die Spinne krabbelt aus meinem Laptop raus. Ich wollte schnell weiterscrollen, aber bei über 100 Kommentaren musste ich kurz drüberschauen. Die Kommentare erklären, dass sei eine Nosferatu-Spinne, die sich momentan bei uns ausbreite. Mir schauderts erstmal den Rücken runter, und ich spüre überall an meinem Körper ein Kribbeln.

«Wieso schau ich auch abends noch mal was für die Arbeit nach?», denke ich mir, bevor ich das Licht in meinem Schlafzimmer löschen will. Letzte Woche hatte mir schon einer meiner wiederkehrenden Albträume, in dem mein Zimmer von Riesenspinnen befallen ist, eine schlaflose Nacht bereitet. Trotzdem Augen zu und durch.

Aber dann sehe ich an meiner Decke eine circa vier Zentimeter grosse Spinne, ich weiss, es ist keine Nosferatu, die sind doppelt so gross. Ich zücke meine Finken. Der erste fliegt, der zweite fliegt, getroffen hab ich sie, aber die Leiche finde ich nicht. «Vielleicht hinter dem Sofa», rede ich mir ein und gehe schlafen.

Nosferatu Spinne
Zoropsis spinimana

Die Nosferatu-Spinne (Zoropsis spinimana) wird bis zu 8 cm gross. Sie ist eine freilebende Art, dass heisst, sie lauert nicht in Netzen auf ihre Beute, sondern geht aktiv auf die Jagd.

Ihren Namen bekam die Nosferatu-Spinne, da die charakteristische Zeichnung auf ihrem Rücken an die gleichnamige Filmfigur der ersten Dracula-Verfilmung erinnert.

Freitagmorgen, ich wache auf, meine Nase fühlt sich verstopft an. Im Spiegel sehe ich, dass sie dreimal so dick ist wie sonst. Mein erster Gedanke: Spinnenbiss. Nach dem Duschen und ein bisschen auf der Nase rumdrücken, schwillt sie ab. Vielleicht wars auch nix. 

In der Redaktionssitzung erzähle ich davon, was die Gärngschee-Community so beschäftigt. Ich öffne widerwillig den Tab mit den Spinnen-Bildern und lese mich nochmal kurz ein. Der Klimawandel sei schuld, eigentlich komme die Spinne aus dem Mittelmeerraum. Experten meinen, die Spinne sei harmlos, trotzdem erwäge ich den Umzug nach Skandinavien.

Spinnen, überall Spinnen!

Das Wochenende steht an, Freude herrscht. Mit meiner Freundin verbringe ich die freien Tage in Heidelberg. Wir spazieren zur Thingstätte und machen in den Zuschauerrängen dieser Freilichtbühne aus der NS-Zeit eine Pause. Die Handy-Sucht kickt, ich öffne Twitter und rechtfertige es innerlich: «Ich bin Journalist, ich muss wissen, was in der Welt los ist.» 

Zwischen vielen Erdbeben-Reaktionen sehe ich einen vom Algorithmus empfohlenen Tweet: «Guten Morgen aus meinem Badezimmer», mit einem Bild, wo eine Nosferatu-Spinne neben einem Handtuch an der Wand sitzt. Abgesetzt wurde der Tweet ein paar Städte weiter – viel zu nah. Mein Atem wird schneller, wieder es kribbelt überall, ich erzähle es aufgebracht meiner Freundin.

«Ist sie giftig?»

«Nein, wie ein Wespenstich, glaub's.» 

«Wieso hast du dann Angst?»

«Ich weiss doch auch nicht» 

«Weisst du, es gibt auch andere grosse Spinnen in der Schweiz.» 

«AHHHH, das hilft nicht!»

Phobys Spinnen App Uni Basel
Ängste überwinden

Forscher*innen der Uni Basel haben eine Augmented-Reality-App für Smartphones entwickelt, um Angst vor Spinnen zu reduzieren. Die App Phobys hat sich in einer klinischen Studie bewährt und soll schon nach wenigen Trainingseinheiten die Angst lindern.

Ich fühle mich nicht ernst genommen, ein paar Minuten herrscht Funkstille. Panisch frage ich mich, ob ich das Schlafzimmerfenster zu Hause auch wirklich geschlossen habe. Ich kontaktiere schleunigst meinen Vater. Glück gehabt, es war zu. Abends nach der Heimkehr leuchte ich mit der Taschenlampe in alle Ecken meines Zimmer, es verstecken sich keine Viecher. Die Luft ist stickig, nachdem ich das Wochenende nicht gelüftet hatte. Daran wird sich jetzt nichts ändern, stickige Luft ist mir lieber als eine Nosferatu-Spinne.

Ja, diese Spinne macht mir zu schaffen. Dafür habe ich keine Angst vor Höhen, Wespen oder meinem Zahnarzt. Vor was man sich dann doch fürchtet, kann man sich leider nicht aussuchen. Nun freue ich mich auf den Winter, dass die Spinnen verschwinden und ich mal wieder lüften kann.

Herzen
Hab' keine Angst

Unterstütze Bajour und werde Member

tracking pixel

Das könnte dich auch interessieren

Titelbild_Urban_Farming

Jeanne Wenger am 04. Oktober 2023

Von Wollnasen und Gackerhühnern

Hunde, Katzen und andere Kleintiere sind auch in der Stadt keine Seltenheit. Beim Entdecken von Schafen im Wettsteinquartier kam jedoch Verwunderung auf: Wiederkäuer hier? Wir haben die Schäfchen und weitere ungewöhnliche «Stadttiere» besucht.

Weiterlesen
Hunde

Jeanne Wenger am 28. Juli 2023

Koda will frei herumtoben

Knapp 6000 Hunde leben in Basel-Stadt. Aber nur an wenigen Orten dürfen sie ohne Leine frei herumrennen und spielen. Einer davon ist die Merkuranlage. Ein neu gegründeter Verein kämpft für ihren Fortbestand.

Weiterlesen
Zwei Schweine

reatch.ch am 21. Dezember 2022

Ein Schwein und ein Schaf auf Rettungsmission

Blauer Himmel, graue Berge, grüne Wiesen – ein Wandertag wie aus dem Bilderbuch. Doch bis vor wenigen Jahren war es in den Alpen noch weniger grün. Heute ist das anders. Die Verbuschung durch die schädliche Grünerle nimmt zu. Können ein Schwein und ein Schaf unsere Alpweiden retten?

Weiterlesen
Paul-6

Michelle Isler am 21. Oktober 2022

Bewundert und berüchtigt – Kater Paul aus 4056

Kein Büsi hat es im St. Johann zu so viel Berühmtheit gebracht, wie der verstorbene Kater Max. Nun behauptet einer seine Nachfolge. Der Versuch einer Annäherung.

Weiterlesen
Ernst

Bei Bajour als: «Insta-Typ» & «de mit em Podcast»

Hier weil: Learning by doing der beste Weg ist in den Journalismus einzusteigen

Davor: Studienabbrecher und (immer noch) Podcast Host von «ernsthafte Gespräche»

Kann: Zuhören und Fragen stellen

Kann nicht: Genug Pausen machen

Liebt an Basel: Die vielfältigen Geschichten der Menschen, die hier leben

Vermisst in Basel: Grünflächen in der Innenstadt

Interessenbindung: Vorstand QV-Innerstadt, Moderator «Uff e Punggt» bei der Handelskammer beider Basel

Kommentare