Fünf Klimaaktivist*innen vor Gericht

Im Sommer 2019 blockierten Umweltaktivist*innen Banken in Basel und Zürich. Fünf von ihnen stehen jetzt vor Gericht. Was ist damals passiert? Die Hintergründe.

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Szenen von den Festnahmen mehrerer Klimaaktivist*innen vor dem UBS-Hauptsitz in Basel. (Bild: Collective Climate Justice)

Ab Dienstagmorgen, den 5. Januar, stehen am Basler Strafgericht fünf Klimaaktivist*innen vor Gericht. Sie hatten sich am 8. Juli 2019 an einer Blockade des Basler UBS-Hauptsitzes am Aeschenplatz beteiligt und waren zwischenzeitlich von der Polizei abgeführt worden.

Über 50 der Aktivist*innen erhielten nach der Blockade einen Strafbefehl von der Staatsanwaltschaft. Die Anklage lautet unter anderem auf Sachbeschädigung, Nötigung, Hausfriedensbruch und Landfriedensbruch.

Sämtliche Angeklagten haben nach interner Absprache Einspruch gegen die Strafbefehle erhoben. Nun landen nun die ersten fünf Fälle vor Gericht. Die ersten Prozesse sind laut dem Strafgericht auf eine Dauer von fünfeinhalb Tagen angesetzt. Zwischen der UBS und den Aktivist*innen ist es in der Zwischenzeit allerdings zu einer aussergerichtlichen Einigung gekommen.

Die Frage lautet nun: Was passiert vor Gericht? Hält die Staatsanwaltschaft an ihrer Anklage fest, die Sanktionen von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe bei zweijähriger Probezeit, sowie Bussen im 1'000 Franken-Bereich fordert? Das wird der Prozessauftakt am Dienstag zeigen.

Verschiedene Gruppierungen wie das Collective Climate Justice, sowie die Kampagne Basel Nazifrei oder der Feministische Streik Basel, haben bereits dazu aufgerufen, vor dem Prozessstart um 8:15 Uhr vor dem Gericht zu erscheinen, um sich mit den Angeklagten solidarisch zu zeigen. Ein Video im Vorfeld der Prozesse zeigt eine Person mit Aktenkoffer und verbundenen Augen auf dem Bundesplatz umherirren.

Prozess von hohem symbolischem Gehalt

Die Prozesse sind für die Aktivist*innen auch symbolisch wichtig, wie aus einer Medienmitteilung des Collective Climate Justice hervorgeht, die zum Auftakt der Prozesse verschickt wurde. 

Es sei «ein weiterer Prozess der sich mit der Frage beschäftigt, wie sehr sich die Rechtsprechung den gesellschaftlichen Realitäten angleichen muss», schreiben sie. 

Bajour wird aus dem Gericht von den Prozessen berichten.

UPDATE: Hier findest du den Twitter-Thread von Daniel Faulhaber über den Prozessauftakt.

Lena blockiert eine Grossbank – eine Reportage in drei Teilen

Der Reporter Olivier Christe hat bereits im vergangenen Jahr die Hintergründe der Prozesse recherchiert und hat den Weg von Lena, einer der beteiligten Aktivist*innen, von der Blockade mit einbetoniertem Arm bis in die Untersuchungshaft nachgezeichnet. 

Was bisher geschah und warum die Prozesse so einen hohen symbolischen Stellenwert haben: Lena blockiert eine Grossbank in drei Teilen.

Am 8. Juli 2019 blockieren Aktivist*innen die UBS-Filiale am Aeschenplatz.
Teil 1: Die Blockade

Wir haben die Ereignisse vom 8. Juli 2019 nacherzählt: Klima-Aktivist*in Lena verbrachte die erste Tageshälfte an ein Fass gekettet vor der UBS am Basler Aeschenplatz. Dann verbrachte sie 24 Stunden in Polizeigewahrsam. Sie hat, zusammen mit mindestens 62 anderen Aktivist*innen, Einsprache erhoben – nun stehen die Prozesse an.

Wird ein Lausanner Urteil den Basler Prozess beeinflussen? Im Bild die Kathedrale von Lausanne.
Teil 2: Der Notstand

Folgt das Gericht der Staatsanwaltschaft – oder stellt ein Urteil aus Lausanne den Basler Prozess plötzlich auf den Kopf? Was Lausanne mit der Geschichte zu tun hat, haben wir hier erzählt.

Was geschieht nun mit den Basler Aktivist*innen?
Teil 3: Der Blick in die Zukunft

Lenas Fall zeigt, dass die strafrechtlichen Folgen für zivilen Ungehorsam erheblich sein können. Auf der anderen Seite steht die immer populärer werdende Ansicht, dass ziviler Ungehorsam zum entscheidenden Faktor in der Klimakrise werden könne. Hat das ein Einfluss auf die Prozesse? Wir haben bei einem Strafrechtsprofessor nachgefragt.

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Themeninputs und Hinweise gerne an [email protected] . Twitter: @dan_faulhaber

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Bei Bajour als: Reporter und Redaktor

Hier weil: da habe ich die Freiheit, Neues anzupacken und unkonventionell zu arbeiten, ohne über sieben Hierarchiehürden zu springen. Das ist toll. Gleichzeitig macht diese Freiheit natürlich Angst, und das wiederum schweisst zusammen. Darum bin ich auch hier. Wegen des Teams.

Davor: Bei der TagesWoche und davor lange Jahre an der Uni mit Germanistik & Geschichte.

Kann: Ausschlafen.

Kann nicht: Kommas.

Liebt an Basel: Die Dreirosenbrücke. Das Schaufenster des Computer + Softwareshops an der Feldbergstrasse Ecke Klybeckstrasse. Das St. Johann. Dart spielen in der Nordtangente. Dass Deutschland und Frankreich nebenan sind.

Vermisst in Basel: Unfertigkeit. Alles muss hier immer sofort eingezäunt und befriedet und geputzt werden. Das nervt. Basel hat in vielem eine Fallschirmkultur aus der Hölle. Absichern bis der Gurt spannt. Ich bin schon oft aus Versehen eingeschlafen.

Interessensbindung: Vereinsmitglied beim SC Rauchlachs.

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