Wie wird der Frauenstreik?

Regierungsrätin Stephanie Eymann hat sich mit den Organisatorinnen des feministischen Streiks getroffen, um das gegenseitige Vertrauen zu stärken. Beide Seiten zeigen sich mit dem Gespräch zufrieden.

DSC02425
Der Frauenstreik 2021. (Bild: Adelina Gashi)

Schon nachdem die bewilligte Demonstration am Tag der Arbeit mit einem Kessel von der Polizei unterbrochen wurde (Bajour berichtete), war die Spannung im Hinblick auf den 14. Juni gross. Das wurde bereits in den Reden am 1. Mai auf dem Kasernenareal zum Thema. So rief Lucien Robischon von der Unia ins Mikrofon: «Sie wollten uns spalten, aber wir haben gut reagiert. Ich bin begeistert und müde und ich freue mich auf den 14. Juni.»

Im Vorfeld des 1. Mai wartete die SP mit einem Demo-Kodex auf, der den Schwarzen Block auslud und Ausschreitungen und Sachbeschädigungen wie am 1. Mai des vergangenen Jahres verhindern sollte. Der Kodex und der vermeintliche Dialog scheiterten jedoch. Die Demo am 1. Mai eskalierte, die Polizei fuhr massiv ein und begründete dies später unter anderem mit vermummten und mit Schutzausrüstung ausgestatteten Demoteilnehmer*innen. Anschliessend wurde viel über die Verhältnismässigkeit des Polizeieinsatzes diskutiert. Gegenüber Bajour sagte die Vorsteherin des Justiz- und Sicherheitsdepartements (JSD) Stephanie Eymann damals: «Wir müssen zum Dialog zurückfinden.» Für den Frauenstreik scheint das zu passieren.

1. Mai Demo 2023
Die demokratischen Jurist*innen suchten am 1. Mai den Dialog mit der Polizei. (Bild: Ernst Field)

Stephanie Eymann suchte am Donnerstag das Gespräch mit den Bewilligungstellerin des feministischen Streiks. Die Zeichen deuten also in Richtung Deeskalation. 

«Ich habe die Organisatorinnen zum Gespräch eingeladen, weil ich eine gewisse Unsicherheit nach dem Polizeieinsatz am 1. Mai festgestellt habe», sagt die Regierungsrätin. Sie wollte ermöglichen, dass die Organisatorinnen der Demonstration, wie auch die Kantonspolizei ihren Blick und ihre Erwartungshaltung darlegen können. Das Ziel sei, das gegenseitige Vertrauen zu stärken.

eymann demo polizei
Die zuständige Regierungsrätin Stephanie Eymann. (Bild: Keystone / Georgios Kefalas (Collage: Bajour))

Basta-Parteisekretärin Franziska Stier, die seit vielen Jahren Demos in Basel organisiert und auch den diesjährigen Frauenstreik vorbereitet, war am Gespräch dabei. Nach dem 1. Mai hatte Stier ein mulmiges Gefühl mit Hinblick auf den 14. Juni. Nach dem Polizeieinsatz vom 1. Mai hätten sie Angst vor einem erneuten, grossen Polizeieinsatz — vor Tränengas und Gummischrot, viele würden sich von der Demonstration abmelden, sagte Stier vorab im SRF-Regionaljournal.

Nach dem Gespräch sagt Stier gegenüber Bajour: «Ich glaube, dass wir unsere Bedenken deponieren konnten und diese aufgenommen wurden.» Zum Beispiel, dass das Vorgehen der Kantonspolizei einen Chilling Effekt, also einen Abschreckungseffekt, ausgelöst habe.

«Mir scheint aber auch, dass allen Beteiligten klar ist, dass es so, wie die Situation jetzt ist, nicht weitergehen kann», hält Franziska Stier fest. Sie ist optimistisch, dass es einen lauten, starken und bunten 14. Juni geben könne. «Ich will und werde auch darauf vertrauen, dass das Commitment Bestand hat und alle Frauen und genderqueeren Menschen ihre Anliegen auf die Strasse tragen können.»

Diese Anliegen sind beispielsweise eine Verkürzung der bezahlten Arbeitszeit, gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit, bundesweite Massnahmen zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer, sexualisierter und häuslicher Gewalt oder eine Elternzeit von mindestens einem Jahr pro Kind für jeden Elternteil.

«Es war ein konstruktives und sachliches Gespräch»
Stephanie Eymann

Auch Stephanie Eymann blickt dem nächsten Mittwoch positiv entgegen. «Es war ein konstruktives und sachliches Gespräch», findet Eymann, «letztlich haben beide das gleiche Ziel: Den friedlichen Ablauf des Frauenstreiktags sichern.» Die JSD-Vorsteherin ist vor allem erfreut über das Bekenntnis der Organisatorinnen zu einem friedlichen Anlass. «Damit ist eine Grundvoraussetzung gegeben, damit es am 14. Juni friedlich bleibt und die mediale Aufmerksamkeit im Sinne der Organisatorinnen auf deren Anliegen gerichtet wird.»

Das Programm

Basel:

  • 10:45 Kinderwagen/Rollstuhl/Rollator–Demo (Theaterplatz),
  • im Anschluss: Austausch zum Thema Care-Arbeit (SP Basel-Stadt)
  • 10:46 Aufruf & Manifest 14. Juni (Theaterplatz)
  • 11:30 - 14:00 Mittagessen & Getränke auf Spendenbasis für Erdbebenopfer
  • Türkei/Syrien (Getränke bis zur Demo 17:30) (Theaterplatz)
  • 13:33 Aktion Gender Overall Earnings Gap (Theaterplatz)
  • 14:00 - 15:30 Kickboxprobetraining NIMA (Kannenfeldpark)
  • 14:00 - 16:00 Konsumstreik - wir tauschen: Essen, Kleider, Bücher, Ideen - bring & hol! (Theaterplatz)
  • 15:24 Aktion Equal Pay Hour (Theaterplatz)
  • 16.00 Besammlung der Baselländer*innen (Bahnhof Basel SBB)
  • 16:30 - 17:30 Reden, Musik & Tanz (Theaterplatz)
  • 17:30 Demo Start (Theaterplatz)
  • 21:30 Afterparty (Humbug)

Liestal:

  • 11.00 - 15.00 Redebeiträge, Musik, Mittagessen und Basteln für die Demo (Rathausgasse Liestal)

Birsfelden:

  • 20:30 Tanzperformance Femtak (Theater Roxy)
Bajour Herz
Wir stehen für unabhängigen Journalismus

Unterstütze Bajour und werde Member!

tracking pixel

Das könnte dich auch interessieren

Wasserwerfer Nazifrei

Ernst Field,Michelle Isler am 21. Oktober 2023

Demonstrant*innen spielen Katz-und-Maus

Turbulenter Samstag in Basel: Die Polizei hat versucht, das Demonstrationsverbot rigoros durchzusetzen. Es kam zu Scharmützeln, Personenkontrollen und Gummischroteinsätzen.

Weiterlesen
Mass-Voll Eymann Kommentar Andrea

Andrea Fopp am 18. Oktober 2023

Die Linken können von Eymann lernen

Die Polizei warnt vor Eskalationen am Samstag. Und Justizdirektorin Stephanie Eymann weist die Schuld schon im Vorfeld einfach von sich. Das ist frech, aber die linken Parteien sind auch ein bisschen selber Schuld, kommentiert Andrea Fopp.

Weiterlesen
Abgesagte Demo Pro Palästina Barfüsserplatz

Michelle Isler am 13. Oktober 2023

«Als würde man unseren Mund zubinden»

An zwei Kundgebungen hätten Personen heute öffentlich ihre Solidarität mit Israel und Palästina ausdrücken wollen. Beiden Kundgebungen wurde aber heute Vormittag die Bewilligung entzogen. Kleine Versammlungen gab es trotzdem.

Weiterlesen
Baj: #105 Sepideh Karimi - 1

Ernst Field am 14. September 2023

«In den Herzen und Köpfen hat die Revolution stattgefunden»

Die iranische Aktivistin Sepideh Karimi redet mit Ernst Field über ihr Engagement bei Free Iran Switzerland, die Wirkung von Demonstrationen in der Schweiz und die Rolle der Medien.

Weiterlesen
Ernst

Bei Bajour als: «Insta-Typ» & «de mit em Podcast»

Hier weil: Learning by doing der beste Weg ist in den Journalismus einzusteigen

Davor: Studienabbrecher und (immer noch) Podcast Host von «ernsthafte Gespräche»

Kann: Zuhören und Fragen stellen

Kann nicht: Genug Pausen machen

Liebt an Basel: Die vielfältigen Geschichten der Menschen, die hier leben

Vermisst in Basel: Grünflächen in der Innenstadt

Interessenbindung: Vorstand QV-Innerstadt, Moderator «Uff e Punggt» bei der Handelskammer beider Basel

Kommentare