Feministischer Streik zieht als Partyzug durch Basel

Der feministische Streiktag begann mit gemütlichem Brunch und Siebdruck-Workshop auf dem Kaserenenareal und endete mit einer grossen Demonstration durch die Basler Innenstadt, an der etwa 5000 Menschen teilnahmen.

  • DSC02411

    Tausende FINTA zogen am feministischen Protesttag durch Basel. (Bild: Adelina Gashi)

  • DSC02366

    Der feministische Streiktag begann auf der Kaserne bei Brunch und Siebdruck-Workshop. (Bild: Adelina Gashi)

  • 2

    Auf dem Petersplatz hatte es sich die feministische Verbindung Socordia mit reichlich Prosecco gemütlich gemacht. (Bild: Adelina Gashi)

Um 18 Uhr war der De Wette Park lila. Hunderte Frauen, trans, inter, nonbinäre und agender Personen (Finta) hatten sich hier zur bewilligten Demo versammelt, sie trugen praktisch alle lila und rosa – ganz im Zeichen des feministischen Streiktages. 

Heute jährte sich der feministische Protesttag zum dritten Mal in Folge. Am 14. Juni 2019 zogen in der ganzen Schweiz etwa 500’000 Finta auf die Strasse, um für Gleichstellung und gegen Diskriminierung einzustehen. 

Das Basler Streikkollektiv hatte für dieses Jahr ein dichtes Programm auf die Beine gestellt. Der Tag wurde auf dem Kasernenareal bei gemütlichem Brunch, klima-feministischen Diskussionsrunden und einem Siebdruck-Workshop eingeläutet – in der prallen Sonne. 

Besonders zu reden gab dort die AHV-Revision, die der Nationalrat vergangene Woche beschlossen hatte: Das Rentenalter von Frauen soll von 64 auf 65 erhöht werden. Die feministische Aktivistin Susi Greuter hatte dies zum Anlass genommen, eine Rede auf dem Kasernenareal vorzutragen: Die Anpassung des Rentenalters habe nichts mit Gleichstellung zu tun. Im Gegenteil, man wolle so das Loch in der AHV-Kasse auf Kosten der Frauen stopfen, so Greuter. Ihr Beitrag erhielt Zustimmung und Applaus. 

Prosecco und 52 Forderungen

Auf dem Petersplatz hatte es sich nachmittags, ein paar Stunden später, die feministische Verbindung Socordia bequem gemacht. Die Verbindungsmitglieder, die eine violette Feder als Erkennungsmerkmal an ihren Hüten tragen, begingen den Protesttag mit reichlich Prosecco und guter Laune. 

Der Name war Programm: Socordia ist die römische Göttin der Trägheit und Faulheit. 

Untätig war die Student*innenverbindung deshalb aber nicht. Bereits 2019 verabschiedete sie einen Forderungskatalog von 52 Punkten an die Uni Basel, der beispielsweise besseren Schutz vor Diskriminierung und sexueller Belästigung forderte oder auch eine Professor*innenquote. Getan habe sich von Seiten aber noch zu wenig, so die Socordia. 

Zwischen zwei Bäumen hingen Plakate mit den gewünschten Massnahmen, die weiterhin unerfüllt sind. Toiletten für alle Geschlechter und nicht nur für Männer und Frauen ist eine davon. 

Prominentes Ehren-Mitglied der Socordia ist SP-Co-Präsidentin Jessica Brandenburger, die sich für eine Frauenquote bei den Professuren und für Gleichstellung in der Wissenschaft einsetzt. 

Mit ihren Parteikolleg*innen Nicole Amacher und Edibe Gölgeli stiess Brandenburger an, die ebenfalls den Streiktag bei einem Glas Prosecco auf dem Petersplatz begingen.

  • DSC02418

    Die Demonstrant*innen fanden klare Worte für Ihre Forderungen. (Bild: Adelina Gashi)

  • DSC02425

    Eine laute Masse zog durch Basels Innenstadt. (Bild: Adelina Gashi)

  • DSC02457

    Die Demonstrant*innen lauschten auf dem Marktplatz den Reden der feministischen Aktivist*innen. (Bild: Adelina Gashi)

  • DSC02528

    Auf der Claramatte endete die Demo. Die Teilnehmer*innen tanzten noch etwa eine Stunde ausgelassen weiter. (Bild: Adelina Gashi)

Thema Nummer 1: Erhöhung des Frauen-Rentenalters

Später im De Wette Park herrschte Aufbruchstimmung. Von hier sollte die Demonstration starten. Kurz nach 18 Uhr zogen Tausende Frauen, inter, non-binäre und agender Personen in Richtung Innenstadt. Passant*innen schauten vom Strassenrand neugierig zu. Die Demonstrant*innen riefen ihnen zu, sich ihnen anzuschliessen: «Solidarisieren, mitspazieren!»

Begleitet von Dialogteams und Polizist*innen auf Motorrädern und in Kastenwagen steuerte der Protestzug auf den Marktplatz zu. Dort besetzten die Demo-Teilnehmer*innen den Platz und lauschten den Reden der Vertret*innen verschiedener Gruppierungen. Thema Nummer 1 war auch hier die Erhöhung des Rentenalters, das die Redner*innen anprangerten. 

Nach etwa einer halben Stunde zogen die Demonstrant*innen weiter in Richtung Kleinbasel. Auf dem Claraplatz setzte eine Gruppe zu einer Tanz-Performance an, von der sich die anderen Demo-Teilnehmer*innen schnell anstecken liessen. Party mitten auf der Kreuzung. Dicht an dicht, aber immerhin mit Maske.

Die Demonstration endete auf der Claramatte, wo die Teilnehmer*innen noch eine gute Stunde lang ausgelassen in der Abendsonne tanzten, bevor sich die Menschenmenge gegen halb zehn langsam auflöste. 

Der Protesttag verlief friedlich und ohne Zwischenfälle. Während der Demonstration soll es vereinzelt zu Sprayereien gekommen sein.

tracking pixel

Das könnte dich auch interessieren

Wasserwerfer Nazifrei

Ernst Field,Michelle Isler am 21. Oktober 2023

Demonstrant*innen spielen Katz-und-Maus

Turbulenter Samstag in Basel: Die Polizei hat versucht, das Demonstrationsverbot rigoros durchzusetzen. Es kam zu Scharmützeln, Personenkontrollen und Gummischroteinsätzen.

Weiterlesen
Mass-Voll Eymann Kommentar Andrea

Andrea Fopp am 18. Oktober 2023

Die Linken können von Eymann lernen

Die Polizei warnt vor Eskalationen am Samstag. Und Justizdirektorin Stephanie Eymann weist die Schuld schon im Vorfeld einfach von sich. Das ist frech, aber die linken Parteien sind auch ein bisschen selber Schuld, kommentiert Andrea Fopp.

Weiterlesen
Abgesagte Demo Pro Palästina Barfüsserplatz

Michelle Isler am 13. Oktober 2023

«Als würde man unseren Mund zubinden»

An zwei Kundgebungen hätten Personen heute öffentlich ihre Solidarität mit Israel und Palästina ausdrücken wollen. Beiden Kundgebungen wurde aber heute Vormittag die Bewilligung entzogen. Kleine Versammlungen gab es trotzdem.

Weiterlesen
Baj: #105 Sepideh Karimi - 1

Ernst Field am 14. September 2023

«In den Herzen und Köpfen hat die Revolution stattgefunden»

Die iranische Aktivistin Sepideh Karimi redet mit Ernst Field über ihr Engagement bei Free Iran Switzerland, die Wirkung von Demonstrationen in der Schweiz und die Rolle der Medien.

Weiterlesen
Adelina Gashi

<a href="https://www.trust-j.org/30004" target="_blank"><img src="https://www.trust-j.org/fileadmin/templates/layout/img/trustj-logo.png" width="150" /></a>

Bei Bajour als: Reporterin

Davor: Zürcher Studierendenzeitung, Republik und anderes

Kann: vertrauenswürdig, empathisch und trotzdem kritisch sein

Kann nicht: Still sitzen, es gut sein lassen, geduldig sein

Liebt an Basel: Die vielen Brücken, Kleinbasel

Vermisst in Basel: Das Meer

Kommentare