Tipps für den Umgang mit Bettler*innen in Basel

Es herrscht angespannte Stimmung in Basel: Die bettelnden Roma sorgen für Überforderungen und Wut. Pfarrer Pucher aus Graz hat Tipps, wie du souverän reagierst.

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Die Situation mit den bettelnden Roma in Basel ist angespannt. (Bild: Roland Schmid)

Die Situation mit den Bettler*innen spitzt sich zu. Auf der einen Seite die bettelnden Roma, welche sich vor den Passant*innen aufbauen und nicht locker lassen. Auf der anderen Seite die Basler*innen, die immer häufiger die Nerven verlieren. Mittlerweile sieht man in Basel immer wieder Leute, die aufdringliche Bettler*innen anschreien. Und Drämmli-Gäste fühlen sich offenbar so belästigt, dass BVB-Direktor Bruno Stehrenberger die Polizei um Hilfe bittet.

Was können du und ich tun, um die Situation zu entspannen? Wie reagiert man am besten auf Bettler*innen? Pfarrer Pucher weiss es. Er wohnt in Graz und hat dort quasi im Alleingang das Bettler*innen-Problem gelöst. Das sind seine Tipps:

1. Sprich mit einem*einer Bettler*in. «Ein ‹Wie geht’s?› verstehen alle», sagt Pfarrer Pucher. 

2. Sag «nein» und erklär den Bettler*innen ruhig, aber bestimmt, dass es dich stört, wenn sie aufdringlich sind oder dir eine Rose aufzwingen wollen. Pfarrer Pucher hat das Jahre lang selbst gemacht. «Ich habe den Bettler*innen beigebracht, dass es ihnen nur schadet, wenn sie den Menschen nachgehen und aufdringlich sind», sagt Pucher. Das habe Wirkung gezeigt. In Graz hat kaum jemand mehr ein Problem mit den Bettler*innen, so Pucher. 

3. «Such dir eine*n Bettler*in aus und gib nur ihr*ihm.» Allen Bettler*innen helfen zu wollen ist illusorisch. Aber es bringe schon viel, wenn man einer Person regelmässig zu etwas Geld und Essen verhelfe.

4.  Besuch sie in Rumänien. Wer den Bettler*innen, die aus osteuropäischen Ländern anreisen, nicht glauben will, dass sie keine andere Wahl haben, als so ihr Geld zu verdienen, soll sie in der Heimat besuchen gehen. «Man kehrt verändert zurück», sagt Pucher.

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Pfarrer Wolfgang Pucher setzt sich seit Jahren für die bettelnden Roma in Graz ein. (Bild: Helmut Lunghammer)

Graz hat es vorgemacht

Die Stadt Graz hat dank des jahrelangen Engagements des Pfarrers Wolfgang Pucher einen würdigen und konstruktiven Umgang mit ihren Bettler*innen aus Osteuropa gefunden. Geholfen hat auch ein Bettelverbot light – die Roma dürfen nur still und ohne aufdringlich zu werden betteln. Dafür sorgen auch so genannte «Ordnungswächter*innen», welche die Bettler*innen auf die Regeln hinweisen.

Laut Pucher reicht es allerdings nicht, mit den Bettler*innen zu reden und Forderungen zu stellen. Den Bettler*innen müsse auch etwas geboten werden. «Am wichtigsten ist es, ihnen eine Unterkunft zu bieten, wo sie gemeinschaftlich unterkommen können, wo sie betreut werden und man mit ihnen spricht», sagt er. 

In Graz schlafen die bettelnden Roma im Vinzinest, einer Unterkunft der Vinzikirche, der Pfarrer Pucher angehört. Das niederschwellige Angebot der Kirche kommt ohne viel Bürokratie aus und wird finanziell von der Stadt Graz unterstützt. «Wer sich anmelden will, kann das. Aber niemand muss», sagt Pucher. Die Bewohner*innen hätten sich lediglich an die Hausordnung zu halten. Wer Ärger macht, wird rausgeschmissen und erhält Hausverbot. 

Basler Bettler*innen weggewiesen

Basel hat etwas ähnliches versucht und den Bettler*innen ein Bett in der Notschlafstelle angeboten. Mit einem wesentlichen Unterschied: Wer dort unterkommen wollte, musste sich bei der Sozialhilfe anmelden. Viele verzichteten auf diesen Deal, denn: Wer registriert ist, kann nach drei Monaten ausgewiesen werden. Genau das ist diese Woche passiert, die Polizei hat 19 Bettler*innen weggewiesen, sie müssen die Schweiz verlassen. Ob das Wirkung zeigt, wird sich zeigen.

Für Pucher ist klar: Regeln, Gesetze und Verordnungen sind wichtig. Aber am Schluss läuft es auf eines heraus: Wenn man ein friedliches Nebeneinander von Basler Bevölkerung und Bettler*innen will, hilft nur reden, reden, reden. 

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Liebt an Basel: Die vielen Brücken, Kleinbasel

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