Lösungen statt Wahlkampf-Phrasen

Es herrscht Wahlkampf. Das merkt man auch an der aktuellen Debatte um die Drogenproblematik im Kleinbasel. Dass sich die Parteien nun gegeneinander ausspielen, ist wenig hilfreich. Ein Kommentar.

Sprützewäspi_Spritze
Die Verunsicherung durch die Drogensituation ist in der Bevölkerung angekommen. (Bild: Jeanne Wenger)

Die Debatte um die Drogenproblematik im Kleinbasel zieht pünktlich zur nationalen Wahl weitere emotionale Kreise. Am Montag hat in der BaZ Justizdirektorin Stephanie Eymann zwar Stellung genommen, aber kaum Rezepte präsentiert. Ihre Vorschläge zielen wenn schon auf mehr Repression ab. So möchte sie beispielsweise die offenen 92 Polizei-Stellen besetzen. Wie dies passieren soll, sagt sie nicht. Auf Nachfrage bei der Medienstelle heisst es: «Der Personalunterstand wird sich nicht von heute auf morgen beheben lassen.» Als Sofortmassnahme, um den Beruf der Polizist*innen attraktiver zu machen, sei eine Arbeitsmarktzulage für Mitarbeitende des Polizeikorps angedacht. Hinzu kämen mehr planbare Freizeit oder beschleunigte Beförderungen zum Wachtmeister. Tönt ehrlich gesagt nach St. Nimmerleinstag.

Die nächste Massnahme ist die Idee eines unbegründeten Platzverweises für Anwesende. Noch vor ein paar Jahren wollte der Grosse Rat davon nichts wissen und liess eine Wegweisung nur im Fall von Gewalt zu. Wie sich das Parlament nun dazu verhalten wird, ist schwer einzuschätzen, da noch keine konkrete Ausgestaltung auf dem Tisch liegt.

Konkret ist lediglich, dass die Schuld an der Misere nun der SP in die Schuhe geschoben werden soll. Die Partei habe im Parlament die angedachten Massnahmen bisher verhindert. 

Das ist richtig, sofern es um rein repressive Massnahmen wie die Kameraüberwachung geht. Genauso richtig ist jedoch, dass sich die SP auch in der Vergangenheit schon für aufsuchende und soziale Arbeit im Drogenbereich eingesetzt hat. Fakt ist auch: Rein repressive Massnahmen bringen nichts. Sie verlagern nur das Problem, wie Eymann selbst zugibt.

Aufeinander zuzugehen wäre das konstruktive – aber aus wahlkampftaktischer Sicht – wenig profilbringende Gebot der Stunde

Während die SVP auf populistische Symptombekämpfung und laute Kampagnen setzt (Stichwort: Chaos im Kleinbasel beenden), sollten die anderen Parteien das Problem auf verschiedenen Ebenen angehen. Denn: Die Situation, wie sie heute wahrgenommen wird, kommt nicht zuletzt auch vom politisch gewollten engen Konzept, etwa durch die Arbeits- und Beschäftigungsverbote für Asylbewerber*innen. 

Am Ende braucht es einen Kompromiss und nachhaltige Lösungen. Dass sich die Parteien nun gegeneinander ausspielen, ist wenig hilfreich. Aufeinander zuzugehen wäre das konstruktive – aber aus wahlkampftaktischer Sicht – wenig profilbringende Gebot der Stunde.

Die Verunsicherung durch die Drogensituation ist in der Bevölkerung angekommen. Die Frage ist, welche Parteien an einer wirklichen Lösung und konstruktiven Massnahmen interessiert sind, und wer vor allem darauf setzt, dank der Verunsicherung ein paar Wählerstimmen mehr zu holen. Es wird sich zeigen, ob nach den Wahlen den Schuldzuweisungen konstruktive Kompromisse folgen werden. 

Herz
Bajour sucht nach Lösungen.

Werde auch du Member und unterstütze Bajour.

tracking pixel

Das könnte dich auch interessieren

Begegnungsanlass Drogenproblem Kleinbasel

David Rutschmann am 20. November 2023

«Wir können nicht jeden Dealer von der Strasse holen»

«Kein Handel, kein Händel» – auf dem vermeintlichen Drogen-Hotspot am Matthäuskirchplatz suchen Anwohner*innen mit der Polizei den Austausch. Die Enttäuschung, dass noch keine Lösung für die Dealer*innen-Problematik in den Quartieren vorliegt, ist gross.

Weiterlesen
Toni Mazzoleni

Valerie Wendenburg am 25. Oktober 2023

«Die Leute haben eine Gier nach Kokain und diese Gier ist tödlich»

Der ehemalige Heroinabhängige Toni Mazzoleni teilt mit Bajour seine Erinnerungen an die Szene der 1990er-Jahre. Die aktuelle Situation in den Griff zu bekommen, sei «eine Herkulesaufgabe». Es brauche Vertrauen, keine weiteren Kontrollen.

Weiterlesen
Symbolbild Kokain

David Rutschmann am 19. Oktober 2023

Der 5-Punkte-Plan der Junkies

Wer eine offene Drogenszene verhindern will, fragt am besten die Süchtigen, was es braucht, damit sie in den dafür vorgesehenen Einrichtungen konsumieren. Bajour hat mit mehreren Drogenkonsument*innen gesprochen. Das sind ihre fünf konkreten Vorschläge, was sich ändern muss.

Weiterlesen
Nationale Wahlen

Bajour am 18. Oktober 2023

Wow – so viel Politik!

Es wird im Wahlkampf zu wenig über Inhalte geredet? Von wegen! In unserem Rückblick erhältst du vor den Nationalen Wahlen am Sonntag eine Übersicht, welche Themen die Politik bewegten.

Weiterlesen
Valerie Zaslawski

Bei Bajour als: Co-Chefredaktorin, zusammen mit Kollegin Ina Bullwinkel

Davor: Redaktorin und Korrespondentin für die NZZ, Freischaffende in Berlin 

Das kann ich: Prosecco trinken und nächtelang durchplaudern 

Das kann ich nicht (gut): mich abgrenzen

Liebt an Basel: dass die Stadt so wohlwollend ist mit einem

Vermisst in Basel: die Ecken und Kanten, das Imperfekte

Kommentare