Gleichstellungsfragen U18 – Wen juckts?

Wir haben eine Strassenumfrage unter Erstwähler*innen gemacht. Nicht alle wollten vor der Kamera antworten. Hier kommen sie trotzdem zu Wort.

Wir haben eine Strassenumfrage unter Erstwähler*innen gemacht.

Wir haben eine Strassenumfrage unter Erstwähler*innen gemacht. Wir wollten wissen: Was hat dieses frauen*politisch aufregende Jahr mit euch gemacht? Interessiert euch «das» überhaupt, wart ihr zum Beispiel am Frauenstreik und vor allem: Was bedeuten diese letzten Monate für Euer erstes Mal an der Urne?

Der Hintergrund: Bajour beschäftigt sich diesen Monat mit dem Thema «Frau*MachtPolitik». Uns nimmt Wunder: Was denken die jüngsten Wähler*innen über die Gleichstellung? Beeinflusst sie ihr Abstimmungsverhalten?

Das Video zur Umfrage sehen Sie auf unseren sozialen Kanälen drüben auf Facebook und Instagram.

Das Video zeigt aber nur ein Teil dessen, was wir auf der Recherche erfahren haben. Weil andere Teile verloren gingen, würden wir gerne noch ein paar Zwischentöne nachliefern.

Kameras und verloren gegangene Geschichten

Der Begriff «Strassenumfrage» tut ja so, als kämen hier potenziell alle zu Wort. Aber das stimmt natürlich nicht. Tatsächlich entscheidet bereits die Frage, wer vor der Kamera etwas sagen möchte.

Gleichstellungsthemen? Der Satz «interessiert mich nicht» wirkt vor einer Kamera einfach weniger durchschlagend als die Powerline «es wird Zeit, dass sich alle zusammen gegen die Diskriminierung von Frauen* einsetzen». O-Ton Alice la Porta, 17 Jahre alt.

Wir trafen auf unserer Tour de Pausenplatz aber durchaus einige, die «das» nicht interessierte, oder denen sichtlich unwohl wurde beim Gedanken, zum Thema Frauen*politik öffentlich etwas sagen zu müssen. Man merkte als Reporter, da ist was im Gang an den Schulen, da wird gestritten, da werden Posten bezogen. Gehen da Gräben auf? Jene, die dem Thema skeptisch gegenüber standen, sind im Video nicht zu sehen.

Zwei Schülerinnen*, beide 17 Jahre alt, für das Video befragt in der Steinenvorstadt, wollten lieber nichts sagen mit der Begründung: «Wir fanden den Frauen*streik biz drüber, aber in der Klasse haben sich einige dermassen dafür engagiert – wenn wir das in diesem Video sagen, kriegen wir von denen aufs Dach».

Elena Gabrielli, 17 Jahre alt, äussert sich im Video dezidiert zum Thema Sexismus. Ihre Freundin, ebenfalls 17 Jahre alt, sagte zum Thema Frauenstreik: «Mich interessiert das alles nicht so, ich glaube das verändert nichts.» Sie wäre einverstanden gewesen, das vor der Kamera zu sagen, aber wie sieht das dann aus? Acht Meinungen gegen eine, das geht irgendwie auch nicht, das fällt im Kontext zu negativ auf diese eine Person zurück. Ihr Satz ist darum im Video nicht zu sehen.

Und noch etwas ist im Video nicht zu sehen: Der Versuch nämlich, nicht nur Gymnasiast*innen vor das Mikrofon zu kriegen, sondern auch mit Schüler*innen von anderen Schulen, etwa einer Weiterbildungsschule, zu sprechen. Die Unterhaltung an sich war kein Problem, die Schüler*innen hatten auch dort eine Meinung. Aber vor der Kamera wollten sie lieber nicht reden. Aus Angst, sich nicht gut genug ausdrücken zu können.

Die Wahl der journalistischen Mittel hat entscheidenden Anteil daran, wie die «Realität» dargestellt wird, wer zu Wort kommt, wer Sichtbarkeit erhält. Manchmal reicht eine Kamera, um einen ziemlich grossen Teil der Geschichten von der grossen Erzählung auszuladen. 

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PS: Die Bildqualität unserer Video-Umfrage ist leider bescheiden. Verzeihen Sie uns, wir lernen noch.

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