Warum diese EM mein Herz höher schlagen lässt

Die Vorrunde Fussball-Europameisterschaft ist vorbei. Gewiss, es gab viel zu meckern. Doch da ist Lara Dickenmann. Und macht alles wieder gut.

Bolzplatz mit Laura Dickenmann

Es ist Halbzeit. Die Spiele der Vorrunde der Europameisterschaft sind vorbei. Morgen starten die Achtelfinals. Das Turnier kommt in die entscheidende Phase. Die Schweiz ist weiterhin mit an Bord.

Endlich zeigte die Nati Teamgeist, Kampf und Entschlossenheit und siegte im entscheidenden Spiel gegen die Türken 3:1. Die Spieler um Xhaka, Shaqiri und Seferovic zeigten jene Tugenden, die für den Erfolg im Fussball nötig sind.

Ach, ich liebe solche Floskeln. Sie gehören zum Fussball. Und ich liebe neue Wortkreationen oder Redewendungen, die TV-Kommentator*innen im Eifer des Gefechts bewusst oder unbewusst über die Lippen kommen. Als Konsument des Schweizer Fernsehens ist mir besonders ein Satz in Erinnerung geblieben.

In der Pause des Spiels Schweden – Slowakei sagte SRF-Kommentator Manuel König: «Das 0:0 ist auch in dieser Höhe verdient.» Sensationell. Schöner kann man nicht formulieren, dass ein Spiel bisher ziemlich ereignisarm war.

«Die Spieler um Xhaka, Shaqiri und Seferovic zeigten jene Tugenden, die für den Erfolg im Fussball nötig sind.»

Aber nicht nur die SRF-Kommentatoren lassen mein Herz höher schlagen. Auch die Expert*innen im Studio gehören zum Fussball wie das Salz in die Suppe. Besonders gefreut habe ich mich über die Präsenz von Lara Dickenmann am TV. Dickenmann spielte 135-mal für die Schweizer Nati und beendete diesen Sommer ihre Karriere beim VfL Wolfsburg.

Dickenmann ist eine Legende. Mit Olympique Lyon gewann sie zweimal die Champions League. Mit dem DFC Sursee, dem FC Zürich, Olympique Lyon und dem VfL Wolfsburg holte sie insgesamt 15 Meistertitel. 2018 outete sie sich im SRF-Film «Lara Dickenmann liebt Fussball und Frauen» als lesbisch.

Wir nahmen den Film damals zum Anlass, Dickenmann für einen Talk ins Didi Offensiv einzuladen. Die erfolgreichste Schweizer Fussballerin kam im Sommer 2019 tatsächlich zu uns. Im Gespräch mit SRF-Filmemacherin Seraina Degen und Philipp Grünenfelder, einem der Macher des Fussball-Filmfestivals Flutlicht, erzählte Dickenmann offen aus ihrem Leben.

Nach dem Talk zeigten wir den Viertelfinal der Weltmeisterschaft in Frankreich. In einem berauschenden Spiel besiegte die spätere Weltmeisterin USA dank zweier Tore von Mega-Star Megan Rapinoe die Gastgeberin mit 2:1.

Ich setzte mich vor dem Spiel neben Dickenmanns Begleitung. Das war eine meiner besten Entscheidungen seit der Eröffnung des Didi Offensiv.  Wie sich herausstellte, hatte ich mich neben eine Frau gesetzt, die deutsche Fussballgeschichte geschrieben hatte.

Eigentlich sollte sie jetzt auch in Frankreich sein, sagte mir Anna Blässe. Die Spielerin des VfL Wolfsburg war seit 2015 27-mal für die deutsche Nationalmannschaft aufgelaufen und fiel kurz vor der WM noch aus dem Kader. Sie sei der Trainerin Martina Voss-Tecklenburg wohl zu unkonventionell. Tatsächlich präsentiert sich Blässe in den sozialen Medien relativ freizügig und zeigt gerne auch mal den Stinkefinger.

Anna Blässe - Insta-Post vom 8

Geschichte schrieb Blässe, als sie 2007 als Spielerin des Hamburger SV vom VfL Wolfsburg als erste Frau aus einem laufenden Vertrag herausgekauft wurde. Mit Wolfsburg holte sie zwei Champions-League-Titel, sechs Meistertitel und acht Pokalsiege.

Ich sass an jenem Abend im Sommer 2019 also neben einer äussert erfolgreichen deutschen Nationalspielerin. Später setzte sich Lara Dickenmann noch dazu. Die beiden erzählten mir von ihren gemeinsamen Ferien. Inzwischen sind sie verheiratet.

Anna Blässe - Insta-Post vom 2

Anna Blässe arbeitet weiter an ihrem Kultstatus. Dank eines fulminanten Tores aus 30 Metern wurde sie im Juli 2020 von den Zuschauer*innen der ARD-Sportschau zur Schützin des Tors des Monats gewählt. Sie setzte sich hauchdünn gegen David Alaba von Bayern München durch.

Jener Abend im Sommer 2019 war einer für mein persönliches Geschichtsbuch. Davon werde ich noch meinen Enkel*innen erzählen. Noch besteht bei mir die Hoffnung, dass auch der Sommer 2021 geschichtsträchtig wird. Ich höre SRF-Kommentator Sascha Ruefer schon in meinen Ohren rufen: «Sensationell. Granit Xhaka spielt Katz und Maus mit seinem Gegenspieler… Traumpass auf Haris Seferovic … Der Mann aus Sursee haut das Leder wuchtig in die Maschen … 1:0 für die Schweiz. Wir stehen im Viertelfinal!!»

Hier wird nicht nur nach einem Tor gejubelt.
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